23.05.2007

Langweile

Langeweile

Wann hatten sie das letzte Mal so richtige Langeweile?

Die Sorte Langeweile, die 1 Stunde dauert und bei der man zwangsläufig irgendwann mal auf sich selber fokussiert.

Früher….okay, sehr viel früher. So in den 70ern da hieß Langweile, sich ein Buch zu schnappen - raus zu gehen und zu sehen, ob einer der andere Jungs auch draußen ist (oder man ging vorbei und klingelte dann und fragte ob er auch rauskommt – gab ja kein Handy)- oder halt mal über sich selber nachzudenken.

Da liegt glaube ich der Hase im Pfeffer. Die ersten Computerspiele wurden nur erfunden, damit die Langeweile verdrängt wird. Damit man nicht über sich selber nachdenken muss. Computerspiele schädigen aber keinen. Würden sie das tun, würden viele meiner Generation heute zu elektronischer Musik in dunklen Räumen rumrennen und Pillen fressend vor irgendwelchen Geistern wegrennen. (Danke an Sami's Signatur hier)

In meinem Quellforum sind einige kreative Köpfe. Richtig. Eine Menge Kreativlinge. Nur fragt man sich bei folgendem Beispiel wo die Kreativität herkommt.

Da fragt einer allen Ernstes, welche Musik beim Kampfsport-Training zu empfehlen wäre.

Mein Blick wandert nach links auf den Avatar (ein Bildchen, ganz egal was, Hauptsache es deutet ein wenig auf die Einstellung des Benutzers) –nichts besonderes. Dann wandert mein Blick hinunter auf die Signatur. Die Signatur wird idR entweder mit Grenzdebilia wie „und tschüß“ (Ein Spruch der schon bei seinem ersten Erscheinen in den 80ern so lustig wie ein Non-Hodgekin-Lymphom war), netten Zitaten oder Links auf tolle Blogs oder Heimseiten (Homepage, du DeutschNub!!), oder einfach nur mit der stupiden Auflistung seiner Zeitvernichtungsergebnisse in Form von 230 Charakteren auf Endstufe des jeweiligen Spiels und sonstigen Gimmicks.

Sozusagen eine Strichliste, die durch ihre Länge auf das sonstige Lebenserlebnis des Nutzers hinweist.

Kommen wir zu unserem Kreativling zurück. Da sehen wir ein farblich stimmiges Bild einer Mangafigur. Oder Anime?

Wie kommt es eigentlich, dass so viele Jugendliche auf diesen japanischen Teletubbiequatsch abfahren. Zitat eines dieser pickeligen Fetischisten „Ich find Japan supertoll und würde da auch total gerne hinfahren, weil ich ja mich total für die Kultur, naja interessier’ so halt“.

Wahrscheinlich denkt dieser naive Zeitgenosse, dass es in Japan nur so von Samurais und Geishas wimmelt und die Kinder den ganzen Tag Zeit haben, die ganzen tollen Computerspiele zu spielen, die es da zuhauf gibt. Süße jugendliche Naivität. Noch so unbedarft und fern der durchschnittlichen 13h Arbeitstagsrealität mit 10 Tagen Jahresurlaub und Automaten mit getragenen Mädchenhöschen. Mit sowenig Raum zum Leben, das 6köpfige Familien schon mal auf 80qm leben, wenn sie gut verdienen und es sich leisten können. Aber Hauptsache Manga.

Paradox.

Die deutsche Jugend will nach Japan wegen der bunten Bildchen und Scheinwelten. Die Japaner fallen hordenweise hier jährlich ein und reißen Deutschland/Europa in 10 Tagen ab und verbringen ihren Urlaub in Scheinwelten mit Kuckucksuhren und bringen bunte Bildchen mit nach Hause von Bayern in Lederhosen.

Oder ausgleichende Gerechtigkeit?

Zurück zur Signatur und der kreativen Leistung.

Darunter steht folgendes:

Dieses Bild hat mir 3h gekostet.

Ja.

Ich jaulte auch schmerzverzerrt auf. Wieder wurde ein Dativ rücksichtslos gegenitivt.

Nun kombinierte ich alle Faktoren und kam zu dem für mich erschütternden Ergebnis, dass dieser Junge nur 3 Stunden am Computer verbracht hat und sich aus irgendwelchen Quellen ein Bildchen zusammen kollagierte. Das hat ihn drei Stunden seines Lebens gekostet. Oder eher ihm?

Logisch also, daß er noch nicht einmal wusste, welche Musik er zum Training seiner neumodischen Kampfsportart gebrauchen könnte. Das ist gleichzusetzen mit der Frage, was man nach erledigtem Rektalauswurf zu tun habe.

Haben sie eine Lieblingsmusik? Bestimmt. Ich ja. Ich höre viel und auch gerne mal jede Richtung, aber so richtig packt mich nur jamaikanische Musik in Form von Reggae und Ska (mit allen Abwandlungen) oder halt guter Soul. Vorzugsweise Motown und Northern Soul.

Wenn ich also motivierende Musik beim Training hören will……dann mach ich mir doch eine Liste der Stücke bei denen ich so richtig abgehe. So richtig. Bei denen ich auch noch die letzten Reserven anzapfen kann, weil ich mich fühle wie auf einem geilen Clubabend mit `zig Drogen im Blut. Einmal Fliegen bitte mit einmal Allem.

Nein, der Junge verstand meine sorgsamen und mit Bedacht gewählten Hinweise nicht, was ich eigentlich von ihm wollte. Dieser Junge war ein Plagiat. Eine Kollage aus vielen Meinungen und Stilarten. Und unfähig das Wesentliche zu erkennen.

Dieser Mensch hat nie Langweile. Hätte er welche, würde er ein Buch lesen und seine Grammatik verbessern. Oder seinen eigenen Stil finden. Als Beispiel. Wie das normalerweise funktioniert. Langeweile hat auch einen Sinn. Wir reflektieren uns selber. Wir setzen uns mit uns selbst auseinander. Wir werden gezwungen zu handeln. Etwas zu machen.

Und bei vielen (mich selber leider auch eingeschlossen) endet die Erfüllung des Handlungsdranges im Betätigen eines Ein-Schalters. Der Fernseher – die Konsole – der Computer. Alles Geräte, die uns die Langeweile hervorragend nehmen können. Während sie das hier lesen, hätten sie auch die Zeit sinnierend auf der Couch liegend verbringen können. Sie hätten noch etwas gemacht, was sie garantiert lange nicht gemacht haben.

Ausgespannt. Denn wenn sie liegen, geht der Körper automatisch in Auflademodus, während ihr Gehirn gezwungen wird, einen Sprint zum Ich hinzulegen.

Scheisse, los lesen sie und empfehlen sie meinen Blog weiter! Möchte endlich mehr Werbeinnahmen haben! Damit ich mir Langweile auch mal leisten kann. LAssen sie nicht zu, daß sie über sich selber nachdenken können. Es könnte weh tun. Oder schön sein. Aber was ist schon sicher.

Ich schalte nun aus.

Guten Tag/Abend/Morgen wünscht

Gemaux

13.05.2007

Big God is watching u!

Wir leben eigentlich in einem totalitären System. Ohne, dass es uns bewusst sein würde.

Wir lassen uns von nur einer Macht beherrschen. Seit Jahrhunderten.

Nur ein Gott. Für alle.

Wie soll das gehen?

Früher, bevor die Menschen unbedingt mal etwas Neues ausprobieren wollten und sich den Monotheismus zulegten, da war alles demokratischer.

Die Menschen machten sich ihre Götter. Von Spitzbergen zum Himalaya oder nach Kapstadt gab es Götter und Geister für alles.

Den Gott des Krieges belästigte man, wenn man kurz davor war, sich die Rübe einzuhauen für den Erhalt der Familie oder des Dorfes. Damit das Essen nicht anbrannte im Kupferkessel (und jeder Profikoch weiß, wie schnell das geht) flehte die Frau die Geister und Göttin des Herdfeuers an.

Es gab bei den Griechen für jeden Popanz einen Gott. Mein persönlicher Favorit war übrigens Merkur und, wie sollte es anders ein, Bacchus bzw. Dionysos, wenn sie es gerne auch griechisch mögen.

Die Götter wurden sozusagen erwählt. Über diesem Pantheon thronte nur ein Gott, der eigentlich nur dazu da war, die anderen Götter im Zaum zu halten.

Komischerweise ist sich dieser eine Obermotz namens Jupiter, Zeus und Wotan/Odin in seinem Erscheinungsbild ziemlich ähnlich. Finde ich. Bis auf die einäugige Version der Germanen und anderen Nordmannen.

Ab und an musste er repräsentieren, mal eine Jungrau schwängern, sich in Tiergestalt zeigen…..göttliche PR sozusagen. Showeffekte inbegriffen. Sozusagen der Bundespräsident des Götterparlaments.

Unser Köhler hat auch nur wenig zu sagen, muss ab und an mal für Ruhe im Parlament sorgen und sonst repräsentieren. Dürft ich mir übrigens von Weizsäcker oder Rau wieder wünschen?

Anderes Thema. Wir bleiben theologisch heute.

Irgendwann kam ein Stammesverbund in Vorderasien zu dem Gedanken, dass es doch cooler wäre nur noch einen Gott anzubeten.

Vor lauter Anbeten wurden sie erst von den Babyloniern überrannt. Dann kamen die Ägypter. Und jede der damals „hoch entwickelten“ Kulturen nahm sich ein paar von den wilden Bergstämmen stammenden Menschen mit und führte sie sozusagen ins zivilisatorische Licht.

Nachdem diese, zugegebenermaßen, ausgebeuteten Menschen dann wieder zurück fanden in ihre abgestammten Bergdörfer, nahmen sie den Mammon, den sie in Persien und Ägypten gesehen hatten zum Vorbild und bauten Tempel neu (Salomon die Zweite, sozusagen) schmückten sie aus und führten Rituale ein.

Als den Menschen das zu abgedreht erschien, dachten sie sich sie schaffen sich eine neue monotheistische Religion an. Das Judentum brachte nicht mehr genug, dass Christentum war geboren.

Auf nach Rom, der höchstentwickelten Enklave des Polytheismus zur damaligen Zeit.

Notgedrungen und selten freiwillig, wenn man von einem fahrenden Fischer namens Petrus absieht.

Erst eine Sekte, dann Staatsreligion. Und das eigentlich auch nur, weil ein römischer Kaiser Muffensausen hatte, seinem erst gewählten Gott Mars nicht mehr vertraute und sich das Kreuz aufs Schild pinselte. Glücklicherweise spielte er mit und sein Gegner gegen die Sonne.

Da Physik noch nicht bekannt und Einfallswinkel und Lichtbrechungen höchstens von abgedrehten Griechen bezeichnet wurden, nahm er es als Anlass sich bei dem frisch angebeteten Gott zu bedanken und fürderhin Jesus zu huldigen und das Christentum als Staatsreligion auszurufen.

Wussten Sie, dass die armenischen Christen sogar eher Pontius Pilatus verehren? Sozusagen den Urheber des Christentums?

In Äthiopien verehren die Christen sogar die Frau von Pontius. Weil sie zur Ersthelferin mutierte, als Christus aus der Verhörfolter wiederkam und ihr feinstes Leinen zum Verbinden gegeben haben soll.

Nur so am Rande.

Stellen sie sich also eine Stadt vor…oder einen Staat, dessen Bürger über solche Sachen wie Wasserleitungen, Fußbodenheizungen, öffentliche Schwimmbäder und Fitnesscenter verfügt.

Das Alles weil sie den Gedanken an ihr Wohl und an die Welt verschwendeten, aber nicht an irgendwelche höheren Wesen. Die waren da und hatten in Zeiten der Ahnungslosigkeit zu funktionieren.

Ab und an durfte man in den Tempel mit den Liebesgöttindienerinnen, schmiss ein paar Kupfer in die Spendenschale und durfte auf Teufel komm raus (hihi) sich ins Nirwana vögeln.

Dann kommt eine Sekte über Nacht sozusagen an die Macht. Tempel werden eingerissen, Armenhäuser und Kirchen gebaut. Meistens waren diese Kirchen allerdings nicht mehr als kleine Kapellen

Da diese neue Christensache hip ist, werden auch die Reichen drauf aufmerksam und spenden fleißig. Die neue Sekte gewinnt an Geld und Macht und ist schon korrumpiert. Neue größere Gebäude und mehr Geld für feineren Stoff.

Irgendwann kommen ein paar gefrustete Bärtige aus dem Norden, übernehmen kurz die Obermacht, aber assimilieren sich schnell, weil die Vorzüge kennen lernen, die die Zivilisation gegenüber dem bisherigen dörflichen Leben hat.

Im Osten braut sich eine neue Modeerscheinung zusammen, weil jemand keine Lust mehr auf Judentum oder Christentum hat und das alles nicht passend für seine Landsleute findet. Der Islam wird kurzerhand gegründet. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die Arabischen Länder rund um das persische Reich als die fortschrittlichsten. Gut gelacht, weil ab dem Zeitpunkt als die grüne Flagge mit dem weißen Halbmond gehisst wird, werden die Menschen stehen bleiben in ihrer Entwicklung.

Ab diesem Zeitpunkt geht es erst einmal endgültig bergab. In der gesamten bekannten

Welt. Das so genannte finstere Mittelalter bricht herein.

Ein kleiner Franzose schwingt sich auf die Weltherrschaft an sich zu reißen.

Nein- Napoleon kommt erst später. Ein Franke namens Karl der Große meint, dass doch bitteschön ALLE seinen Glauben pflegen sollen. Sein Vater der dusselige Waffenmeister Karl Martell (richtig, der mit den Baukästen) hat es geschafft die arabischen Eroberer auf der iberischen Halbinsel festzusetzen. Wenigstens dürfen einige Spanier von der NOCH herrschenden Toleranz der islamgläubigen Mauren profitieren und ihre Messen feiern.

Währenddessen werden an einer Wesermündung die letzten Sachsenstämme christianisiert. Das mit dem Taufen haben sie falsch verstanden. Die Meinungen laufen auseinander aber es soll sich um 1000 Hinrichtungen gehandelt haben die da bei Minden zur Kapitulation des letzten Verfechters des Asenglaubens führten.

Der eine Gott der Barmherzigkeit wollte bestimmt, dass in seinem Namen Millionen Seelen wieder zurück geschickt werden. Ob nun in die Hölle oder in den Himmel.

Wir haben also drei verschiedene Entitäten die doch bitteschön ehrfurchtsvoll immer wieder angebetet werden wollen.

Vor lauter Beten kommen die Menschen nicht zum Denken und zum Erfinden. Arbeiten, beten, schlafen zwischendurch ein wenig Essen. So sieht es mal aus von Island bis nach Indien.

Wo vorher Fortschritt, Toleranz und Diversifikation herrschen ist nun entweder Kirchengeläut, Muezzingejammer oder an eine Mauer hämmernde Schädel zu hören. Beziehungsweise die Juden pflegen ihren Glauben ja dort wo es sie gerade hin verschlagen hat. Egal ob freiwillig oder unfreiwillig. Auch eher ruhig. Jüdische Gottesdienste sind schön anzuhören.

Aber sie unterliegen halt auch nur einem Gott. Und der ist ziemlich überfordert, wenn man sich in der Welt so umschaut. Die einen Töten in seinem Namen, die anderen verbieten die Nutzung von Verbesserungen in seinem Namen, die nächsten rennen duckmäuserisch durch die Welt, weil er ja schnell bei der Hand mit einer Strafe ist.

Wieder ist es das Beten, welches es den Leuten die Weiterentwicklung vermiest.

Diese Ausübungsart der Religion, versaut die Entwicklung. Gut, ich glaube, ich bin mit dieser Erkenntnis nicht der Neueste.


Mittlerweile geht ja wieder ab wie Schmitz’ Katze mit der Entwicklung. Zumindest hier wo sich die Menschen neue Götter gemacht haben. Den Gott der Aktien zum Beispiel. Oder den der Rationalisierung. Da haben wir einen Gott der Fitness. Da einen der Wellness. Da einen der Esoterik. Der hat zusätzlich noch eine Menge Geister. Da einen des Autos. Wie oft steigen Menschen in ihren Wagen und denken „Um Gottes willen, hoffentlich hält die Möhre noch 2 Jahre“

Studenten flehen die Küchengötter der heiligen Mensa an. Einige Frauen beten die Göttin Emanzipation an, vor allem die selbst geweihte Hohepriesterin Alice Schwarzer.

Über den ganzen neuen Göttern schwebt ein Gott der seltsamerweise seine Gestalt stetig verändert…mal sieht er wie ein Dollarzeichen aus, dann wie ein Yen, dann wieder wie ein Euro.

Aber auch er wacht wie all seine Vorgänger nur über dem Pantheon der modernen Welt und ist die treibende Kraft hinter dem Ganzen.

Und nun flehe ich den Gott des Lottos an, damit er mich teilhaben lässt an Mammons Licht.

Ehrfürchtigst,

ihr Gemaux