23.08.2007

Strukturwandel

Ich lebe in einer Region, in der es früher rauchte und dampfte und schlotete. Wo die so genannte Montanindustrie den Menschen Arbeit, Sinn, Zuhause gab. Gut das mit dem Sinn, lässt sich diskutieren.

Sie werden es merken - ich meine das Ruhrgebiet. Eine Region die von Kohle und Stahl lebte. Freiherr vom Stein hat hier an jeder Ecke ein Denkmal. Und das nur weil er die preußische Wirtschaft revolutioniert haben soll. Sprich, durch Veränderungen der Gesetzgebung eine freie Marktwirtschaft nach englischem Vorbild eingeführt hat.

Der Doof.

Heute….also knapp über 200 Jahre nach dieser „Revolution von oben“ stehen nur noch rudimentäre Reste dieser Revolution in den Revierstädten und warten auf ihre Umwandlung in Gewerbeparks, Altersheime, Museen, Eventhallen.

Wenn sie durch das Ruhrgebiet fahren und abseits der schmucken, aber leider leicht fehlerhaften Industriedenkmalstour entlang der Ruhr und verschiedener Kanäle, mal genauer schauen, dann finden sie noch alte Reste von Fabrikhallen. Von ehemaligen Zechenbauten. Von Gaststätten die unverheiratete Gesellen beherbergten, bevor diese eine Frau und damit das Recht auf ein kleines Reihenhäuschen in der Bergmannssiedlung bekamen und ihren Schriftzügen von Biersorten längst vergangener Zeiten (Andreas Pils, Hammer und Schlägel Bier, etc.)

Und wenn sie diese Orte betreten, dann könnten sie -so sie nicht allzu abgestumpft sind- sich vorstellen wie hier jahrzehntelang sich Männer in Schweiß und Staub kaputt malocht (ruhr. f. –arbeiten-)haben.

Zu einer Zeit, als das Glück des einfachen Mannes noch vom Samstag und vom Schichtdienst bestimmt wurde.

Als die tauben Ohren vom Maschinenlärm kamen und nicht von MP3Playern.

Wenn ich so eine alte Werkshalle betrete, dann erfasst mich …doch es ist so…eine gewisse Form von Ehrfurcht. Ähnlich wie in alten Kirchen. Ohne nun besonders religiös zu sein.

Nehmen wir das ehemalige Hoeschgelände in Dortmund-Hoerde. Sie fahren auf ein Gelände welches einmal einen ganzen Stadtteil beherbergte. Heute wollen sie in Hoerde nur eins-schnell wegziehen und noch nicht mal tot überm Zaun hängen. Früher dagegen mussten sie als erste Hürde die Wachmänner an der Pforte überwinden.

Da ich Verwandtschaft im Osten habe, kann ich einen Vergleich zur ehemaligen Zonenkontrolle herziehen. Und die Unterschiede waren nur minimal. Dann fahren sie auf das Gelände und dort wo früher hunderte Autos parkten, wachsen nun Birken. Die Natur schickt immer schnell ihre Pioniere voraus um sich wiederzuholen, was ihr genommen wurde. In der Ecke sehen sie ein altes Werksfahrrad vor sich hinrosten. Und ich stelle mir vor, wer das da wohl vergessen hat. Was war sein Anlass, dieses Rad nicht mehr zu benutzen und es in der Ecke verrosten zu lassen. Welche Tätigkeit hatte der Benutzer dieses Rades?

Wie haben sich die Menschen gefühlt, als sie zum letzten Mal den mächtigen Demag-Kran über die Decke schweben sahen, der riesige Stahlplatten auf die Trennschweiss-Anlage hievte.

In dem Hallengebäude hängen der Metallstaub und der Rost in allen Ecken. Alte Verbotsschilder geben traurig Auskunft was die Arbeiter damals nicht mehr durften.

Wie viele sich wohl wirklich an den Hinweis der Gehörschutzbenutzung gehalten haben. Oder ob der Schmitz, der als Sicherheitsbeauftragter auf dem vergilbten Schild steht, noch lebt und gesund ist. Immer darunter die Nummer der Zentrale mit Anschrift und 4stelliger Postleitzahl.

In Bochum zum Beispiel haben Künstler ein altes kleines Stanzwerk weitestgehend benutzbar gemacht.

http://www.stanzwerk.net/

Bekannte hatten diese Räumlichkeiten für ihre Hochzeit gebucht.

Was mich beeindruckte war, dass die Räumlichkeiten komplett mit vorhandenen Maschinen und einzelnen Exponaten …oder sollte man Asservaten sagen.. versehen war, was den Geist dieses Gebäudes erhielt.

Die Gebäude hier an der Ruhr haben eigene Seelen. So scheint es zumindest. Auch wenn es gerade aus meinen Finger abgedreht erscheinen mag. Aber sobald sie diese Räumlichkeiten betreten, spüren sie Überbleibsel der Tage als hier Bier anstatt Champagner und Prosecco getrunken wurde. Als es nach Öl und Schweiß und heißem Eisen rocht, anstatt nach Chanel, Gucci, etc.

Als die Werkhalle mit derben Flüchen und Sprüchen durchsetzt war anstatt mit Jazzkonzerten oder Vernissagen mit kleinen Häppchen und dem Gemurmel von wichtigen –unwichtigen-interessanten-uninteressanten- Personen. Als die Luft voll mit Staub und Rauch und Dämpfen war, anstatt mit dem Qualm von Zigaretten und Zigarren.

Als es Stress gab in der Halle, weil Aufträge eingehalten werden mussten, anstatt Eröffnungen von Buffets und Bars.

Mittlerweile zieht die ehemalige Industrielandschaft die Kunst nach sich. Aber viel zu oft sorgt die Kunst dafür, dass der Geist verloren geht. Die Seele des Gebäudes, die sich aus Generationen von Arbeitern gebildet hat.

Und die Seele stirbt, wenn diese Gebäude in ein Museum wandern. Die Gebäude des technischen Freilichtmuseums Hagen, zum Beispiel, sind hochinteressant und die Events die dort stattfinden immer wieder einen Besuch wert (es gab eine Zeit, dass war ich einmal im Jahr dort) aber ihnen wurde die Seele entrissen, als man sie abbaute und in dem Reservat wieder aufbaute.

Vielleicht kommen sie ja mal durch das Ruhrgebiet und haben Zeit sich an einigen Orten etwas Geschichte zu gönnen, dann können sie eventuell verstehen, was ich meine.

Früher hatte diese Region noch eine Seele. Ihre Menschen einte die harte Arbeit. Hier fand jede Bildungsschicht ihr Auskommen. Die heutigen ehemaligen Arbeiter (also die ungelernten, aber hart zupackenden Arbeiter) sind die Verlierer des so genannten Strukturwandels. Eines Wandels von der Leistung zur Dienstleistung. Vom Stahl zum Fernsprecher sozusagen.

Nirgendwo in Deutschland ist die Dichte der Call-Center so hoch wie hier, scheint es mir.

Hier darf man sich aussuchen, ob man von Hartz4 oder von Callcenter4 leben will. Mehr Geld gibt es seltener.

Es geht langsam aber stetig wieder bergauf. Die Chemie und die Biotechnologie haben das Ruhrgebiet aufgrund ihrer Infrastruktur entdeckt. Die Dienstleister erst recht. Haben sie hier doch genügend menschliche Ressourcen zum Verschwenden. Auch hiermit ziehen wir mit den Engländern gleich, nachdem wir erst ihre Industrialisierung übernommen haben. Selbst im Ruhri hat sich der Strukturwandel vollzogen. Viele ehemalige Arbeiterkinder wollen heute Hartz4 lernen und halten den Trip für 200€ nach Malle an El Asozial oder Calla Rattada für Deutschlandurlaub.

Obwohl…

Der Ruhri hat’s schon immer mit Humor genommen. Eine bisschen Fatalismus und schwarzer Humor ist ihm genauso zu Eigen wie dem Engländer, von dem wir ja die ganze Stahl/Kohleklamotte übernommen haben. Nicht umsonst kommen die meisten Comedians aus dem Ruhrgebiet bzw. NRW.

An dieser Stelle darf man die Rheinländer, das verfilzende Pack, ruhig auch mal nennen.

Scherz!!!! Ich mag den Kölner Karneval und die Mädels aus Düsseldorf. Wenn das Bier wenigstens schmecken würde.

16.08.2007

Namenschilder

Namensschilder. Meist finden sich Vertreter dieser Ausweisform in säuberlich gedruckter Form auf der linken Seite von Bürotüren. Oder halt äquivalent auf der Trennwand in Großraumbüros.

Durchaus auch in Fettschmieden und sonstigen verfranchisten Nahrungserwerbsstätten auf der Herzseite des jeweiligen Mitarbeiters. Während Ersteres noch durchaus relevant und von Nutzen ist, interessiert es zum Beispiel nur noch rudimentär wie die Pattywenderin da heißt, die einem das Menu mehr oder weniger eingeübt in die mit Piktogrammen versehene Kasse tippt. Sozusagen der Fluch der Dienstleistung. Namenschilder finden sich auch dort, wo man durchaus gerne den Namen des jeweiligen Bediensteten benötigt.

Dann gibt es noch eine Art Namenschilder die ich gerne als Informationsmüll bezeichne.

Und zwar die an Autos. Neuerdings werden immer mehr Namenschilder mit dem jeweiligen Namen des Fahrers an die Heckscheibe genapft. Wo früher die Aufkleber von Phantasialand und Fort Fun prangerten, saugt sich nun eine Chantal oder ein Kevin fest. Oder halt Uschi und Peter. Neben den "Max fährt mit!" Aufklebern.

Auslöser dieser debilen Modeerscheinung war höchstwahrscheinlich Alois B. Kloppt. Alois war Fernfahrer und es leid, dass die einzigen Menschen die seinen Namen kannten die unfreundlichen Typen an der Laderampe der Warenannahme waren.

Man kennt diese Leute. Meist von eher niederem Bildungsgrad, sehr oft mies gelaunt und selten interessiert an dem was sie tun. Stundenabsitzer halt.

Während meiner Studienzeit durfte ich mal aushilfsweise für den DPD fahren. Da gab es einen kleineren Betrieb der Türbeschläge produzierte oder veredelte oder irgendwas. Auf jeden Fall hingen in der Halle vor des Chefs’ Büro an mehreren Schauständern Türbeschläge, Buchstaben für Grabsteine etc. Also lag die Vermutung nahe, dass die Firma in der Metallverarbeitung/-veredelung tätig ist. Während ich also mit zwei Paketen an der Laderampe stand und darauf wartete, dass mich ein freundlicher Mensch begrüßte und mir freudestrahlend diese Anlieferung abzeichnen würde, damit ich meinen Weg fortsetzen kann…..wartete ich.

Ich wartete ziemlich lange. Nun sieht das Schedule eines Paketboten nicht gerade Müßiggang und Zeitverschwendung vor. Also wurde ich ungeduldig und fragte den, in 6 Meter Entfernung von mir sitzenden Menschen mit dem Hygieneanspruch eines sizilianischen Hafenarbeiters (zumindest was Rasieren der Körperbehaarung betraf), ob er mir freundlicherweise ein Autogramm geben könnte, weil er doch ähnlich aussehen würde wie Ivan Rebroff in seinen besten Zeiten. Ich erntete ein “nicht für zuständig“ und keinen Lacher für den, zugegebenermassen, schlechten Spruch.

Also betrat ich die Lagerhalle/Werkhalle und fragte, wer für die Warenannahme zuständig wäre. 30 Leute wendeten ihre Blicke von mir ab, als ob ich gerade vom Papst exkommuniziert worden wäre.

Also ging ich schnurstracks durch die Werkhalle Richtung Büro und sah auf dem Namensschild stehen:“ A. !!!!?!?! (keine Namen bitte) –Geschäftsführer.

Ein Mann von Format, Vermögen, Weisheit und Integrität und mir zum Ideal reichender Mensch dachte ich, klopfte zweimal (gute Bekannte und Freunde klopfen/schellen immer zweimal) , trat ein und stellte mich einem genüsslich am Brötchen kauenden Menschen mit den Worten „Dxxxxx Xxxxxx , DPD, sind sie zuständig und fähig mir die Annahme von zwei Paketen abzuzeichnen?“

Der gute Herr schluckte kurz, blickte mich amüsiert an und fragte wieso ich zu ihm kommen würde.

„Weil draußen anscheinend keiner dafür zuständig oder befähigt ist“ antwortete ich wahrheitsgemäß.

Der nette Herr Geschäftsführer nickte nur, fragte ob er auch die Uhrzeit eintragen solle (was ich verneinte, ging es ja schließlich um meine Stundenzahl) und ich konnte die Örtlichkeit mit einer weiteren erfolgreich absolvierten Anlieferung verlassen.

Dieses Namensschild war nützlich. Auch deswegen, weil am nächsten Tag, als ich ein weiteres Paket für diese Firma abliefern musste, ca. 15 Leute Spalier standen und mich hektisch fragten, wo sie denn abzeichnen müssen.

Kommen wir zurück zu unserem Brummifahrer Alois B. Kloppt.

Alois führt also ein Leben auf der Strasse. Und auf der Strasse unterhält man sich nicht sehr oft mit anderen jedenfalls nicht persönlich. Also von Angesicht zu Angesicht. Da ist es verständlich, dass Alois den Menschen seinen Namen zumindest mitteilen will. Auf dem Rastplatz kann das hilfreich sein, wenn man der Dame am Telefon seinen Namen genannt hat für das Stelldichein (mir ist leider nichts Genaues über diese Vorgänge bekannt…ehrlich.).

Auch hier hat ein Namensschild seinen Nutzen. Meist werden ja nur die „Spitznamen“ der CB funkenden Trucker in Blech gestanzt und auf die Fahrerseite an die Scheibe gepappt.

Ein philosophisch äußerst interessanter Vertreter dieser fahrenden Zunft wählte übrigens als Schildaufdruck die Buchstabenfolge I-C- H.

Was sich mir aber völligste verschließt ist, warum jeder wissen soll, dass diese rote gummibereifte Kasparbude die in 300 m Entfernung die linke Spur wieder mit waghalsigen Überholmanövern im 90kmh Bereich absolvierend blockiert, von Uschi gelenkt wird.

Ich will nicht wissen, wie diese Frau heißt. Genauso wenig würde ich es wissen wollen, dass Marie-Leonie-Max-Felix (die Top 4 der deutschen Babynamencharts) mitfahren. Es sei denn mein sexuelles Augenmerk fällt auf Kleinkinder. Dann wäre diese Information bestimmt interessant für mich. Wenn dann noch ein Namensfetisch dazu käme.

Den Namen meiner Tochter haben nur Leute zu erfahren, die ihn sich auch merken sollen. Was interessiert es Frau Müller aus Berchtesgaden (oder hat es sie zu interessieren), wie meine Tochter heißt. Reicht schon, dass diese Goldene Blatt und Bunte Abonnentinnen jedes Mal in Verzückung ausbrechen wenn ich mit dem Kinderwagen in der Schlange vom Supermarkt stehe. Mittlerweile rutscht mir schon jedes Mal ein „einmal gucken-50 Cent“ heraus.

Ich wünsche mir einen Namensausblender für die Windschutzscheibe. Für alles gibt es mittlerweile Geh-Hilfen im Automobilbereich. Obwohl - selbst mit Parkpilot schaffen es einige noch den Begrenzungspfosten beim Einparken zu rammen. Die dürfen auch meist neben den Behindertenparkplätzen parken. Ich fände das ja diskriminierend, wenn ich eigene Parkplätze im Parkhaus hätte, aber diese direkt neben den Behindertenparkplätzen ausgewiesen sind und die gleichen Abmessung aufweisen. Ein schlechter Mensch, der schelmisch dabei grinst. Ernsthaft.

Ich habe nur ein Nervenleiden, deswegen zucken meine Mundwinkel immer nach oben dabei.

Warum nicht also auch für Namenschilder?

Ich werde mir auf jeden Fall angewöhnen nicht auch noch einen Blick auf den Fahrersitz zu werfen, wenn das Namenschild schon schrecklich war (immerhin sind die Dinger EU-formgerecht mit D Kennzeichnung und in der vorgeschriebenen Schriftart) und mir durch die Heckscheibe schon Millionen von Plüschtieren entgegen schreien, dass ich bitte hinten rein fahren und Feuer legen soll, weil sie es nicht ertragen.

Denn meist wäre dies so etwas der Handkantenschlag bei einem angeschossenen Wildkaninchen, wie er für Treiber vorgeschrieben ist, so sie denn eins finden. Diese tragen zumindest keine Namenschilder.

Schönen Abend

Gemaux

09.08.2007

Märchenstunde

Es war einmal ein Männchen, dass da hieß Puscheltim. Puscheltim hatte nie so richtig viele Freunde und war auch immer sehr alleine. Seine Eltern hatten ihm aber, kurz bevor sie aus seinem Leben verschwanden und ihn allein in seinem Zimmerchen ließen, eine magische Kiste vermacht.

Puscheltim konnte bisher nicht viel in seinem Leben. War er doch auch noch so jung. Ja, er hatte schon viel von den anderen gehört, die in den Pausen immer von solchen Sachen wie Tanzen, Feiern und Spaß haben geredet hatten. Und einmal hatte er sogar von ominösen Dingen wie Frauen und Mädchen gehört. Und das man mit denen, jetzt wo man erwachsen wurde, auch ganz doll viel Spaß haben kann. Bisher hatte Puscheltim immer nur gedacht, dass Haare ziehen und lachend mit dem Finger auf Mädchen zeigen das Einzige wäre, was man mit denen machen kann.

Puscheltim ging darauf hin nachdenklich nach Hause und betrachtete sich im Spiegel. Er fragte sich Tag für Tag ob noch etwas anderes aus den dicken roten Pickeln in seinem Gesicht kommen würde, als gelber ekliger Eiter. Vielleicht Haare? Hoffentlich keine Federn. Obwohl ihn dann mal bestimmt jemand beachten würde.

Denn Puscheltim war sehr allein. Ja - nicht einmal seine Eltern beachteten ihn mehr, seit dem sie ihm den magischen Kasten geschenkt hatten. Draußen auf der Strasse und in der Schule wollte eh keiner mit ihm spielen. Das machte den Puscheltim ganz traurig. Aber er hatte ja seinen magischen Kasten.

Mit dieser magischen Kiste konnte Puscheltim aus seinem Zimmerchen hinaus mit anderen Menschen reden.

Dies freute den Puscheltim. Denn niemand sah ihn und trotzdem unterhielten sich Leute mit ihm. Und so spielte er vergnügt mit seinem magischen Kasten, bis eines Tages eine mystische Gestalt auf Puscheltim zuging. Diese Gestalt strahlte für Puscheltim in hellstem Licht.

Das Lichtwesen stand vor Puscheltim und lächelte ihn gütig an.

„Armer Puscheltim“ sagte die Lichtgestalt mit gütiger Stimme.

„Keiner spielt mit dir hier draußen an der frischen Luft. Und keine Freundin die dafür sorgt, dass du morgens nicht mehr die klebrigen Hände waschen musst. Ich habe hier die Erlösung für dich, aber sei vorsichtig mit deiner Wahl, denn sie könnte dich von deinem jetzigen dunklen Zeitalter nur in ein anderes dunkles Zeitalter führen.“

Und die Lichtgestalt gab ihm ein kleines schillerndes Teil, das haargenau in eine Öffnung von dem magischen Kasten passte.

Und Puscheltim sah ein mystisches Symbol aufleuchten an seinem magischen Kasten. Und er berührte ein Symbol, welches wie ein Hammer aussah.

Plötzlich zog es den Puscheltim in eine Welt die er nie zuvor gesehen hatte. Und wie er rannten auch ganz viele andere in dieser Welt herum. Und das freute den Puscheltim, denn in dieser Welt konnte er vorgeben, ein großer starker Troll zu sein, der sehr viel Respekt verdient. Und durch Zufall traf der Puscheltim noch ein paar andere, die den Puscheltim ja so nicht kannten wie er ausserhalb dieses Spiels war, sondern nur so wie er in dieser Welt aussah und was er dort redete. Und der Puscheltim traf diese anderen häufig. Das freute den Puscheltim, denn endlich hatte er Freunde gefunden, die wie er in dieser Welt spielen wollten.

Und der Puscheltim fand sich immer besser in dieser Welt zurecht. Ja, er und seine Mitspieler unterhielten sich sogar schon mit richtigen Stimmen. Und der Puscheltim träumte davon, dass diese Stimmen real vor ihm stehen würden. Aber im Moment reichte es ihm schon, dass seine „Freunde“ wie er sie gerne nannte, immer dann spielten, wenn er spielte. Und das sie ihn auch immer gerne mitnahmen.

Und der Puscheltim begann sich endlich für jemanden zu halten. Ja die so wie er spielten behandelten ihn endlich wie einen der ihren.

Und dann eines Tages, fand der Puschel einen großen Platz, auf dem sich hunderte andere der Spieler dieses Spiels befanden und über alles Mögliche redeten.

Und der Puscheltim stellte sich auf diesen Platz und fand, dass ihm alle endlich die nötige Anerkennung schuldeten, die er ja schließlich verdiente. Nun wo er einen starken großen Troll darstellte. Einige taten das sogar, weil sie den Puscheltim anhimmelten. Hatten sie ja im Spiel gesehen, was er mit seinen Freunden alles schafft. Gut, alleine hatte ihn noch keiner etwas schaffen sehen, aber das war Puscheltim auch egal. HAtte er doch endlich einmal SEINE Freunde.

Denn Puscheltim hatte Leute gefunden die genauso spielten wie er. Und das freute den Puscheltim umso mehr. Und viele von denen dachten auch, dass sie nun etwas ganz Besonderes wären. Wo sie doch ein Spiel so toll beherrschten.

Doch einige auf diesem Marktplatz lachten den Puscheltim aus. Ja sie wollten einfach nicht einsehen, warum er doch jetzt so ein toller Mensch ist. Aber sie lachten und lachten. Und der Puscheltim fand dies gar nicht schön, weil es ihn so sehr an die Zeit erinnerte bevor er das Spiel spielen durfte.

Und dann eines Tages geschah das Unfassbare. Seine Freunde fanden das Spiel doof und verließen den armen armen Puscheltim und ließen ihn ganz alleine im Spiel zurück. JA nicht nur das, seine Freunde fanden sogar, dass die die den Puscheltim auslachten, gar nicht so schlimm sind. Hatten sie die Lacher doch mal kennen gelernt und sogar mit ihnen gelacht.

Das schmetterte den Puscheltim zu Boden und grämte ihn gar sehr. Das konnte er nicht verstehen. Warum hatten sie ihn verlassen und warum lachten wieder alle über ihn. Und so hüpfte er Zeter und Mordio kreischend um den magischen Kasten und weinte ein ums andere Mal.

Und wenn er nicht gestorben ist, dann spielt noch mit wutverzerrtem Gesicht das Spiel. Denn es ist das Einzige, was ihm ab und zu glauben lässt, dass er etwas ganz Besonderes wäre. Und er wartet bis heute mit Zähneknirschen darauf, dass er auch auf dem Marktplatz mal ernst genommen wird.

08.08.2007

"Gesundheit!"

Gesundheit.

Na? Heute schon jemandem Gesundheit gewünscht nachdem er herzhaft nieste(genossen hat)?

Macht man ja eigentlich nicht mehr. Man wünscht den Leuten die einen Schnupfen haben ja heute nicht mehr, dass sie gesunden sollen.

Nein. Heutzutage soll der Niesende sich entschuldigen und oder betreten zu Boden schauen.

Steht im Knigge.

Ich bin noch mit der Regel: „Gesundheit!“-wünschen aufgewachsen. Und so leid es mir tut, ich werde diese Regel wohl beibehalten.

Denn diese neue Regel ist mir zuwider. Wahrscheinlich muss man sich heute auch dafür entschuldigen, dass der eigene Fuß unter dem des Anderen gelandet ist. „’Tschuldigung, bin so gerne unter Leuten“

Rote Karte wegen Foulspiels. Der Torwart hat mutwillig mit seinem Bauch den ausgestreckten Fuß des Stürmers gerammt.

Fällt ihnen was auf?

Die anderen sind wieder die Schuldigen. Der Baum dessen Früchte man gerne annimmt, dessen Wurzeln und Laub man aber bitte nicht ertragen muss.

Die eigene Wunschrealität wird über die aller anderer gestellt. Ja der Individualismus schreit jauchzend „Strike!“ und tanzt Polka mit dem Egoismus.

Ein „Gesundheit!“ war noch freundlich und drückte Verständnis aus für das Leid des anderen. Heute soll man halt angewidert reagieren auf die Gebrechen des anderen.

Weil sie es wagen, den Egomanen mit ihrer Anwesenheit zu beleidigen. Viele heben sich so gerne aus ihrer eigenen Unzulänglichkeit heraus.
Der ERsteller dieser Regel muss so jemand gewsen sein.

Irgendwo muss es immer ein grenzdebiles Arschloch geben, was sich durch irgendeine Perversion hervorheben muss. Und sei es, in einem Massenbereich ein paar Freunde um sich zu scharen und dann so zu tun, als wäre man die Erfüllung der evolutionären Ziele.

Gut, die wenigsten erfüllen auch nur ansatzweise etwas, daß kostenlose Fortpflanzung in regelmässigen Abständen möglich macht.Wagen sie es bitte nicht mit diesen Leute zu sprechen. Die Leblosigkeit in den Augen und das Wissen, dass sie so weit von ihrem Ideal (welches sie selber gerade leben) entfernt sind, lässt sie sich mit verbissener Akribie in das Einzige stürzen was ihnen bleibt. Und wenn es Pixel sind.

Da zeige ich doch gerne eine vulgäres „Fuck You“ und wünsche weiterhin bei einem Nieser dem Betroffenen, dass er rasch gesunden möge. Aber bleibe Mensch.

05.08.2007

Phänomenal

Es gibt ein, wie ich finde, phänomenales neues Fernsehformat.

Falsch, eigentlich gibt es mehrere.

Fangen wir zum Anfang mit etwas Leichtem an.

Die privaten Sender fahren ja immer mehr der „Wir wandern aus“- und „Deine Chance auf einen Ausbildungsplatz“ - Shows auf. Zunächst mal die Auswanderersendungen.

Grundplot dieser Shows scheint wie folgt festgelegt zu sein. Chantal und Kevin finden ein Land total cool und wollen dort leben und arbeiten.

Als Beispiel die USA.

Chantal hatte mal Englisch in der Schule. Kevin auch, aber nur im Halbschlaf.

Chantal will als …egal ……..arbeiten. Kevin als LKW-Fahrer. Hat er ja vor 7 Jahren bei der Bundeswehr seinen LKWschein gemacht. Nun geben die beiden hier alles auf und fliegen nach Amiland mit total viel Illusion und wenig Sachverstand im Gepäck. Gott sei Dank, sind noch keine Kinder im Spiel.

Auf dem Flughafen gelandet und nach der ersten Einrichtung und Meldung bei den Behören, geht beiden auf, dass es doch mehr bedarf als ihr rudimentäres Englisch.

Während Kevin sich nun beim Autokauf zum Affen macht, weil er mit Händen und Füssen radebrechend versucht ein Auto zu kaufen (man sieht dem Verkäufer an, dass er Gott dankt, dass ein dummer Auswanderer heute für seine Provision sorgt) macht sie sich auf die Suche nach einem Job. Die erste Hürde ist die Tankstelle. Hätte einem keiner sagen können, dass die in USA so doof sind und nicht das metrische System haben? Und wie mach ich dem Kassierer begreiflich, dass ich Diesel haben will (kleiner Tipp: Steht in jedem Tankdeckel in mehreren Sprachen was da rein soll).

Kevin hat derzeit ein Jobangebot als Trucker und sitzt zum ersten Mal seit der BW-Zeit wieder hinter einem großem schwarzen Kreis und findet den Anlassknopf erst nicht und dann total spannend. Und dann sieht man Kevin an, dass zwischen dem selbst suggerierten Können und der tatsächlichen Fähigkeit sozusagen Welten liegen.

Die privaten Sender machen aus dieser Misere eine Show und vervielfältigen sie aufs Allerübelste. Ja man wird sozusagen überschwemmt damit.

Damit der Trend nicht abreisst, schmeisst man direkt das Folgeformat auf den Markt-„Heim ins Reich…..äh nee „Die Heimkehrer“.

Das Ganze in Grün nur anders herum.

Auch langweilig.

Witziger ist da schon:

„Deine letzte Chance auf den Job als Paddywender bei Burger King“

Beziehungsweise

“ Deine große Chance auf eine Ausbildung als Hanswurst bei einem Betrieb mit profilierungssüchtigen Chefs“.

Auch hier nehme man drei, vier Jugendliche, die nicht allzu hell sind. (Madrid oder Rom, krazz egal Hauptsache Spanien) die verzweifelt seit Jahren nach einer Lehrstelle suchen.

Die Nachfolgeshow könnte übrigens, (Hallo Herr Endemol [klingt wie ein Betäubungsmittel, oder?]) „Deine Chance auf Hauptschulabschluss Klasse 10!“ heissen.

Die armen Prekariatsopfer werden also nun gefilmt wie sie sich vorstellen.

Wenn sie ganz genau drauf achten, dann fällt ihnen auf, dass die zukünftigen Chefs dieser Zwiebelschäler durchweg alle Goldkettchen tragen und eine Freundin namens Uschi haben.

Gut, wieso soll der Standard desjenigen, der den Job anbietet geistig höher sein, als derjenigen, die sich ihm vorstellen.

Der absolute Brüller war ein türkischstämmiger "Immobilienmakler" mit „Unter dem Dach bei Mutti-Büro“ der Auszubildende zur Kfm. für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft suchte und die gesamt Zeit nicht die Augen von den Titten der Bewerberinnen ließ. War auch schwierig, er selber war ja nur einen halben Kopf größer als ein kniendes Schwein.

Dafür hatte der alte 3er BMW aber total geile Felgen. Wenn man so was mag.

Frage nur ich mich ernsthaft, was so einer mit den Mädels in Wirklichkeit vorhat? Achja, es waren übrigens nur Frauen in der engeren Wahl. Und da auch keine die dem jeweiligen- dem Gelhaarträger widersprechenden Schönheitsideal- entsprach. Wie er selber beteuerte.

Ich recherchiere weiter und lese derweil die Bewerbungsschreiben durch, die mein Onkel als Friseurmeister gerade wieder auf Bierdeckeln, DinA5 Zetteln mit krakeliger Handschrift und stolperndem Deutsch bekommt.

Die armen Jugendlichen sind aber alle nur Opfer ihrer Umwelt und können nichts dafür, dass sie nichts gelernt haben. Echt jetzt.