05.08.2007

Phänomenal

Es gibt ein, wie ich finde, phänomenales neues Fernsehformat.

Falsch, eigentlich gibt es mehrere.

Fangen wir zum Anfang mit etwas Leichtem an.

Die privaten Sender fahren ja immer mehr der „Wir wandern aus“- und „Deine Chance auf einen Ausbildungsplatz“ - Shows auf. Zunächst mal die Auswanderersendungen.

Grundplot dieser Shows scheint wie folgt festgelegt zu sein. Chantal und Kevin finden ein Land total cool und wollen dort leben und arbeiten.

Als Beispiel die USA.

Chantal hatte mal Englisch in der Schule. Kevin auch, aber nur im Halbschlaf.

Chantal will als …egal ……..arbeiten. Kevin als LKW-Fahrer. Hat er ja vor 7 Jahren bei der Bundeswehr seinen LKWschein gemacht. Nun geben die beiden hier alles auf und fliegen nach Amiland mit total viel Illusion und wenig Sachverstand im Gepäck. Gott sei Dank, sind noch keine Kinder im Spiel.

Auf dem Flughafen gelandet und nach der ersten Einrichtung und Meldung bei den Behören, geht beiden auf, dass es doch mehr bedarf als ihr rudimentäres Englisch.

Während Kevin sich nun beim Autokauf zum Affen macht, weil er mit Händen und Füssen radebrechend versucht ein Auto zu kaufen (man sieht dem Verkäufer an, dass er Gott dankt, dass ein dummer Auswanderer heute für seine Provision sorgt) macht sie sich auf die Suche nach einem Job. Die erste Hürde ist die Tankstelle. Hätte einem keiner sagen können, dass die in USA so doof sind und nicht das metrische System haben? Und wie mach ich dem Kassierer begreiflich, dass ich Diesel haben will (kleiner Tipp: Steht in jedem Tankdeckel in mehreren Sprachen was da rein soll).

Kevin hat derzeit ein Jobangebot als Trucker und sitzt zum ersten Mal seit der BW-Zeit wieder hinter einem großem schwarzen Kreis und findet den Anlassknopf erst nicht und dann total spannend. Und dann sieht man Kevin an, dass zwischen dem selbst suggerierten Können und der tatsächlichen Fähigkeit sozusagen Welten liegen.

Die privaten Sender machen aus dieser Misere eine Show und vervielfältigen sie aufs Allerübelste. Ja man wird sozusagen überschwemmt damit.

Damit der Trend nicht abreisst, schmeisst man direkt das Folgeformat auf den Markt-„Heim ins Reich…..äh nee „Die Heimkehrer“.

Das Ganze in Grün nur anders herum.

Auch langweilig.

Witziger ist da schon:

„Deine letzte Chance auf den Job als Paddywender bei Burger King“

Beziehungsweise

“ Deine große Chance auf eine Ausbildung als Hanswurst bei einem Betrieb mit profilierungssüchtigen Chefs“.

Auch hier nehme man drei, vier Jugendliche, die nicht allzu hell sind. (Madrid oder Rom, krazz egal Hauptsache Spanien) die verzweifelt seit Jahren nach einer Lehrstelle suchen.

Die Nachfolgeshow könnte übrigens, (Hallo Herr Endemol [klingt wie ein Betäubungsmittel, oder?]) „Deine Chance auf Hauptschulabschluss Klasse 10!“ heissen.

Die armen Prekariatsopfer werden also nun gefilmt wie sie sich vorstellen.

Wenn sie ganz genau drauf achten, dann fällt ihnen auf, dass die zukünftigen Chefs dieser Zwiebelschäler durchweg alle Goldkettchen tragen und eine Freundin namens Uschi haben.

Gut, wieso soll der Standard desjenigen, der den Job anbietet geistig höher sein, als derjenigen, die sich ihm vorstellen.

Der absolute Brüller war ein türkischstämmiger "Immobilienmakler" mit „Unter dem Dach bei Mutti-Büro“ der Auszubildende zur Kfm. für Grundstücks- und Wohnungswirtschaft suchte und die gesamt Zeit nicht die Augen von den Titten der Bewerberinnen ließ. War auch schwierig, er selber war ja nur einen halben Kopf größer als ein kniendes Schwein.

Dafür hatte der alte 3er BMW aber total geile Felgen. Wenn man so was mag.

Frage nur ich mich ernsthaft, was so einer mit den Mädels in Wirklichkeit vorhat? Achja, es waren übrigens nur Frauen in der engeren Wahl. Und da auch keine die dem jeweiligen- dem Gelhaarträger widersprechenden Schönheitsideal- entsprach. Wie er selber beteuerte.

Ich recherchiere weiter und lese derweil die Bewerbungsschreiben durch, die mein Onkel als Friseurmeister gerade wieder auf Bierdeckeln, DinA5 Zetteln mit krakeliger Handschrift und stolperndem Deutsch bekommt.

Die armen Jugendlichen sind aber alle nur Opfer ihrer Umwelt und können nichts dafür, dass sie nichts gelernt haben. Echt jetzt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Auch nicht schlecht waren ein paar Friseur-Azubienen, die dann dauernd vor laufender Kamera über die Konkurrentinnen abgelästert haben, um dann, als es hieß "die Sowieso muss leider gehen, die beiden anderen bleiben im Rennen" scheinheilig in Tränchen auszubrechen. Egal welche da "gewinnt", nachdem die schon Kollegen diese Sendung gesehen haben, werden sie sie garantiert meiden wie die Pest.

Aber es ist an sich schon pervers, heutzutage auf das Fernsehen angewiesen zu sein, um vielleicht einen Ausbildungsplatz zu ergattern. Irgendwann kommen dann Shows, in denen sich die Konkurrenten gegenseitig ausschalten müssen...mit Mobbing...Giftanschlägen...Auftragskillern vielleicht?
Oder vielleicht werden irgendwann bei Gameshows Studienplätze verlost und bei der Glücksspirale gibt's dann auch keine monatliche Rente auf Lebenszeit zu gewinnen, sondern einen unbefristeten Arbeitsvertrag beim Mäcces.